Extraktions- und Verteilungsgleichgewichte

Verteilungsgleichgewichte entstehen, wenn Stoffe zwischen 2 Phasen austauschen.
Extraktion: Unter einer Extraktion versteht man das vollständige oder teilweise Herauslösen bestimmter Bestandteile eines flüssigen oder festen Stoffgemisches durch ein geeignetes Lösungsmittel (Diffusionsprozeß).
Die Extraktion eines festen Stoffgemisches wird dabei als auslaugen bezeichnet. Bei der Extraktion eines flüssigen Stoffgemisches spricht man auch von einer flüssig- flüssig Extraktion.
Flüssig-Flüssig Extraktionen
Flüssig-Flüssig Extraktionen verlaufen nach dem rechts angegebenen allgemeinen Schema. In Kurzfassung: kann man auch schreiben:
L1 [B] L2 --> L1[B'] L2 [B'']

Unter idealen Bedingungen ( a=c und f=1 ) stellt sich dann einGleichgewicht ein (dabei wird ein Ausbleiben chemischer Reaktionen vorausgesetzt!), für das Gleichung 1 gilt.
Diese Beziehung wird auch als Nernst'scher Verteilungssatz bezeichnet und K stellt den Verteilungskoeffizienten dar.
Ein gelöster Stoff verteilt sich so zwischen zwei nicht miteinander mischbaren Lösungsmitteln, daß das Konzentrationsverhältnis dieses Stoffes in den beiden Phasen nach Einstellung des Gleichgewichtes bei konstanter Temperatur einen konstanten Wert hat.
Zu beachten ist, daß mit dem Verteilungskoeffizienten immer angegeben werden muß, welche Phasen für die Konzentrationsgrößen im Zähler bzw. Nenner verwendet wurden. Häufig schreibt man die Verteilungskoeffizienten so, daß die wäßrige Phase im Nenner und die organische Phasen im Zähler stehen; manchmal formuliert man den Quotienten entsprechend dem Dichteunterschied der Phasen, d.h. die Konzentration der spezifisch leichteren Phase erscheint im Zähler.
Häufig wird auch die Extraktionszahl E zur Charakterisierung dieses Gleichgewichtes benutzt (Gleichung 2).
Dividiert man die Substanzmassen in den einzelnen Phasen durch die Ausgangsmasse m0 des verteilten Stoffes, so erhält man die relativen Substanzmengen in den beiden Phasen (Gleichung 3 und 4).
Will man zwei Stoffe A und B mittels Extraktion trennen, so spielt eine weitere Größe, der Trennfaktor T, eine große Rolle. Der Trennfaktor T wird dabei entsprechend Gleichung 5 gebildet (er ist immer größer 1 zu wählen).
Da nur bei sehr hohen Verteilungskoeffizienten eine hinreichend gute Überführung der Substanz von der einen Phase in die andere Phase möglich ist, ist es i. A. nötig, mehrfach zu extrahieren.
Bei der ersten Extraktion geht die relative Substanzmenge p in das Extrakt über, im Raffinat verbleibt die relative Substanzmenge q. Bei der nächsten Extraktion mit einem reinen Extraktionsmittel geht nun pq in das Extrakt über und es verbleibt die relative Substanzmenge q2 im Extrakt. Nach n derartigen Ausschüttelungen verbleibt im Raffinat die relative Substanzmenge Qsub>n (vgl. Gleichung 6).
In den vereinigten Extrakten befindet sich die relative Substanzmenge Pn.
Aus diesen Beziehungen folgt, daß es zweckmäßiger ist, bei einem vorgegebenen Volumen eines Extraktionsmittels mit diesem in kleineren Portionen mehrere Verteilungen durchzuführen, als nur eine einzige Extraktion mit dem Gesamtvolumen.

Trenneffekte können jedoch nicht verbessert werden!
Für diese Art der Reinigung eines Stoffgemisches ist es besser, nach der Extraktion 1 die Phase '' wieder mit reiner Phase ' zu versetzen. Man nennt dies dann retrogrades Ausschütteln oder Retroextraktion.

Extraktionssysteme
Extraktion einfacher Moleküle mit inertem Lösungsmitteln

Die Verteilung einfacher kovalenter Moleküle zwischen zwei nicht mischbaren Fküssigkeiten (z. B. Wasser und ein organischen Solvent) mit denen keine wesentlichen Wechselwirkungen bestehen, erfolgt stets zugunsten der organischen Phase. Als Grund kann die unterschiedliche Löslichkeit kovalenter Verbindungen in diesen Lösungsmitteln angesehen werden. Wassermoleküle bilden in Wasser starke H- Brücken zueinander aus, in organischen Lösungsmitteln sind solche Wechselwirkungen schwächer. Daraus folgt, daß der energetische Aufwand zur Erzeugung eines Hohlraumes für das zu lösende Molekül im organischen Solvent wesentlich geringer ist.
Das bedeutet weiterhin, daß mit steigender Molekülgröße der kovalenten Verbindung deren Löslichkeit in der organische Phase zunimmt.

Extraktion im Zusammenhang mit chemischen Reaktionen

Bei der Überführung von Elektrolyten aus wäßrigen Lösungen in organische Lösungsmittel spielen eine Reihe von chemischen Reaktionen eine wichtige Rolle. So ist bei Metallionen die Verdrängung von Wassermolekülen aus der Koordinationssphäre erforderlich (dies gelingt z. B. durch die Umsetzung mit Chelatbildnern).
Die einfachste Methode zur Extraktion von Metallionen besteht in der Bildung neutraler, hydrophober Moleküle. Diese Reaktion kann sich entweder in der wäßrigen Phase oder an der Phasengrenze abspielen. Dabei werden als wirksame Reagenzien Chelatbildner (Chelatextraktion), Mono- oder Diester der Phosphorsäure sowie Carbonsäuren als auch Sulfonsäuren (flüssiger Kationenaustausch) angewandt.Von den Chelatbildnern sind solche Verbindungen am effektivsten, die sowohl die Ladung des Metallions kompensieren können als auch in der Lage sind, alle Koordinationsstellen zu besetzen.
Beeinflussung von Extraktionsgleichgewichten:
Aussalzeffekt: Die Extraktion von Metallionen kann durch den Zusatz von Salzen gefördert werden. Dieser als Aussalzeffekt bekannt gewordene Effekt beruht anschaulicher Weise auf einer Änderung der Aktivitätskoeffizienten. Bildlich gesprochen müssen die Salze durch das Wasser hydratisiert werden und tragen somit zur Dehydratisierung der Metallionen bei (Abnahme der Konzentration an "freien Wasser").
Weiterhin können Extraktionsgleichgewichte auch durch die Anwendung mehrerer Extraktionsmittel beeinflußt werden. Man spricht dann auch vom synergetischen oder synergistischen Effekt.
Anwendung der flüssig- flüssig Extraktion
Technisch gibt es heute eine Reihe von Anwendungsmöglichkeiten, so bei der Urangewinnung aus armen Erzen als auch bei der Aufarbeitung von Kernbrennstäben.
Analytisch spielen sie z.B. bei Anreicherungen bzw. Trennung (häufig in Kombination mit Photometrie) eine Rolle. Desweiteren bildet sie die Grundlage der Verteilungschromatographie.